Hallwilersee – Seebuch

Der Hallwilersee
Auszug aus dem Buchtext zum Hallwilerseebuch

«Hier, beim vielfältigen, unerschöpflich wechselnden optischen Erscheinungsbild des Hallwilersees, treffen wir auf David Zehnder und seine Fotografien. Vor gut zwanzig Jahren ist er nach Beinwil gezogen, in das ehemalige Atelierhäuschen von Eugen Maurer. Und dann ist der See ihm zur Obsession geworden. Er, der Eisenplastiker, der computergestützt seriell arbeitet, der Erschaffer minimaler Raumereignisse von kühl-rationaler Rechtwinkligkeit – derselbe David Zehnder streift dem Ufer entlang, steigt in wasserdichten Fischerhosen ins ufernahe Wasser, schleicht heimlich um Bootshäuser, verschafft sich vom Flugzeug aus die Vogelschau auf das Seetal, immer mit der Kamera in der Hand auf der Suche nach neuen Objekten, Situationen und Stimmungen – und der See ist ihm  nichts schuldig geblieben. Tausende von Aufnahmen haben sich im Lauf der Jahre angesammelt. Dutzende von Bildern zeigen dasselbe Motiv; aber es ist nie dasselbe, es sind Variantenreihen, die das statische Einzelbild zum Teil von Bewegungsabläufen, zum Beleg atmosphärischer Veränderungen machen. Es gibt diese Totalen des kaum bewegten Sees, sei es mit freier Sicht auf die Alpen oder im leisen Dunst, wo in weiter Ferne Himmel und Wasser fugenlos ineinander überzugehen scheinen, während links und rechts zarte Hügelkulissen sich um die horizontale Symmetrieachse verdoppelt vorschieben. Aber versessen ist David Zehnder eher auf Details, auf die kleine Pfütze im Innern eines Seerosenblattes, auf den intensiv leuchtenden Farbklecks eines von der Sonne gestreiften Bugs oder Hecks im Bootshausdunkel, auf konstruktive Eigenheiten dieser Bauten aus Balken und Brettern (hier dann doch eine gewisse Nähe zu seinen stereometrischen Eisenskulpturen), auf Spiegelungen und Lichtphänomene. Vor allem auf diese. Er nimmt die Fotografie beim Wort, lichtet das Licht ab, beobachtet das Licht sozusagen beim Zeichnen. Wenn die Sonne blendend durch die Ritzen einer Bretterwand ins schattige Innere eines dieser Pfahlbauten dringt und auf die Wasseroberfläche und gleich nochmals auf den Seeboden, aber in anderem Winkel, anders gekrümmt, helle Striche zeichnet, dann entstehen Vexierbilder, die man eher einer manisch kritzelnden Hand als der Wirklichkeit zugetraut hätte.»